In den 70er-Jahren organisierten mehrere Städte und Museen eine Wanderausstellung, deren Teil ein Objekt „Ohne Titel“ von Joseph Beuys war. Es handelte sich dabei um die legendäre mit Heftpflastern und Mullbinden beklebte Metallwanne, in der ein Fettklotz lag. Die Stadt Wuppertal hatte das Kunstwerk, dessen Wert später auf 80.000 DM taxiert wurde, von einer kunstliebenden Privatperson ausgeliehen.
Das teuerste Spülbecken der Welt
1973 machte das Kunstobjekt Station in der Stadt Leverkusen, im dortigen Schloss Morsbroich. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände landete die Badewanne im Flur des Schlosses, in dem zeitgleich eine Veranstaltung der Leverkusener SPD stattfand. Einige Parteimitglieder kamen auf die Idee, die Wanne als Spülbecken für gebrauchte Wein- und Sektgläser zu nutzen. Dafür wurde sie zuvor gründlich gesäubert - das Kunstwerk war zerstört.
Was tun mit einem „rasierten Kaktus“?
Bei der Rückgabe wurde das bearbeitete Werk als „rasierter Kaktus“ bezeichnet. Ein Kunststreit entbrannte. Wäre die Wanne zu restaurieren? Welchen Wert hätte sie danach? Wäre sie dann noch ein Kunstwerk? Ein jahrelanger Rechtsstreit, der bundesweite mediale Aufmerksamkeit erlangte, endete schließlich vor dem OLG Hamm. Der klagenden Partei wurden 58.000 DM zugesprochen.
Kunst oder zu heiß gebadet?
Im Rahmen der Regulierungsverhandlungen gelangte die Badewanne zur Restaurierung wieder in den Besitz von Joseph Beuys. Die Badewanne wurde 1977 erneut von Joseph Beuys beklebt und gefiel dem Kunstgenie danach noch besser. Die Prozessbeteiligten verglichen sich daraufhin und wir zahlten als Versicherer der Stadt Leverkusen einen Teilbetrag. Heute können Kunstinteressierte die Badewanne in der „Städtischen Galerie im Lenbachhaus“ in München besichtigen.
Übrigens stand einst auf dem Ausstellungsschild der Hinweis: „In dieser Wanne wurde der Säugling Joseph Beuys gebadet.“ Eine unbekannte Person ergänzte: „Offenbar zu heiß!“. Kunst liegt wohl stets im Auge der Betrachtenden.